In der kühlen Jahreszeit, wenn die Auswahl an heimischen Früchten geringer wird, erhalten Süd- und Trockenfrüchte mehr Beachtung. Damit sind nicht die filzigen, halb eingetrockneten Mandarinen vom Discounter gemeint, sondern heimische und tropische Früchte, die durch ein spezielles Trocknungsverfahren konserviert werden. Dazu gehören – gerade in der vorweihnachtlichen Zeit und über die Festtage hinaus – Datteln. Die süßen, klebrigen und stark zuckerhaltigen Delikatessen sind zwar ein Naschwerk, jedoch eine gute Alternative zu den üblichen Süßigkeiten mit Industriezucker und zweifelhaften Zusatzstoffen.
Einige Leser werden sich sicherlich noch daran erinnern: In der DDR waren Datteln oft nur über gewisse Beziehungen in „Delikat-Abteilungen“ erhältlich und verdammt teuer. Wer glücklicher Empfänger von „West-Paketen“ sein durfte oder gar etwas im Intershop erstehen konnte (nicht nur mal umsehen und schnuppern), weiß, was damit gemeint ist. Nachdem der Kern einer Dattel sauber gelutscht war, kam dieser nicht einfach in den Müll. Nein, er wurde als Sammler- und Tauschobjekt unter die Bevölkerung gebracht. West-, Pardon – Südfrüchte wollten wir uns nicht nur über das Westfernsehen anpreisen lassen, sondern in der Realität zur Verfügung wissen. Grüne, saure „Kuba-Apfelsinen“ gab es ja manchmal aufgrund staatlicher Zuteilung im HO-Konsum. Wer in Ost-Berlin wohnte, dort Bekannte hatte oder einen Ausflug dahin unternehmen konnte, für den war es schon einfacher, an begehrte Früchte zu gelangen. In Karl-Marx-Stadt war es eher ein seltenes Glück. Wenn‘s mal was gab, dann war das ein besonderes Erfolgserlebnis. Mit geschultem Auge konnten besondere Warenlieferungen allein schon an geduldigen Händen flatternden bunten Dederon-Beuteln in endlos langen Menschenschlangen ausgemacht werden. Oftmals wurde eine solche Nachricht sogar in den Betrieben ein Politikum, da entschieden werden musste, welche Kollegen während der Arbeitszeit losziehen dürfen. Denn schnell hieß es hinterm Verkaufstresen: „Ham wa nich!“ Erfolgreicher waren diejenigen, die Freundschaften zu gefälligen Verkäufern pflegten – „unterm Ladentisch“ war so einiges erhältlich. Es ist also nicht verwunderlich, dass Samen diverser „West-Früchtchen“ in Töpfe mit Erde gesteckt wurden, um die Sehnsucht nach der „Caprisonne“ zu stillen. Die „Keimzellen“ kamen anschließend auf die Fensterbänke der Neubaublocks und die Heizkörper darunter hatten nun eine weitere wichtige Aufgabe zu erfüllen, indem sie für die nötige Keimtemperatur sorgten. Manche Hausgemeinschaften versuchten, sich bei der Anzucht gegenseitig zu überbieten, so dass sämtliche Treppenaufgangsfenster, Kellerfenster und sogar Wäschetrockenräume mit Pflanztöpfen zugestellt wurden. Wissbegierige „Hausvertrauensmänner“ notierten daher in ihren Berichten die bedenkliche Zunahme westlicher Kultur. Tipps zur Pflege der exotischen Pflanzen konnte der geneigte Pflanzenfreund von Erika Krause in der Sendung „Du und Dein Garten“ erhalten.
Heute übernehme ich das mal stellvertretend:
Die vom Fruchtfleisch gelösten Kerne werden für einige Stunden zur besseren Vorbereitung auf den Keimvorgang in warmes Wasser gelegt, kommen dann quer auf das Substrat (nährstoffarme Aussaaterde) und werden ca. 1 cm mit Erde bedeckt. Dafür sollten möglichst hohe Töpfe verwendet werden, da die drahtigen Wurzeln viel Platz nach unten benötigen. Das Gießwasser muss gut ablaufen können, um Staunässe unbedingt zu vermeiden. Für den Keimvorgang darf das Substrat allerdings nicht komplett austrocknen. Daher ist es praktisch, den Topf mit einer lichtdurchlässigen Folie zu bedecken. Die Umgebungstemperatur sollte gleichmäßig warm möglichst über 20 °C liegen. Vor allem „fußwarm“ muss der Topf stehen. Somit eignet sich ein Fernheizkörper sehr gut als Wärmequelle. Nun braucht es noch eines: viel Geduld. Als erstes lässt sich die Wurzelspitze blicken, die durchaus mit dem Spross zu verwechseln ist. Keine Panik: Ganz gleich wie der Kern liegt, wird die Wurzel den richtigen Weg zur Erde finden. Deshalb darf der Samenkern so belassen und nach dem Austrieb nicht entfernt werden. Der bald darauf folgende Spross, der mitunter wie ein dicker Grashalm aussieht, benötigt viel Licht. Bis zu zwei Jahre kann es dauern, bis sich die ersten Sprosse zu den typischen Blättern aufspreizen.
Nach zwei Jahren sollte die Pflanze in einen größeren Topf „umziehen“. Das Frühjahr eignet sich dafür am besten. Im Sinne der Pflanzengesundheit sollte es ein Tongefäß sein, da durch den porösen Ton die Wurzeln in der Erde besser mit Sauerstoff versorgt werden können. Das Gefäß muss keinen großen Durchmesser besitzen, denn Dattelpalmen wachsen recht langsam, sollte jedoch hoch sein, da die Pflanze eine Pfahlwurzel ausbildet. Der Boden sollte mit kleinen Tonscherben oder Steinchen als Drainage belegt werden. Das Substrat, einfache Blumenerde, kann mit ein wenig Sand gemischt werden. Achtung beim Umtopfen: Der „Stamm“ darf nicht tiefer oder höher in das Substrat eingebracht werden, als es die Pflanze zuvor im alten Topf innehatte. Mit Dünger darf man sparsam sein. Gut geeignet sind etwas Kompost, der zur Sommerzeit in die obere Erdschicht eingearbeitet wird, oder ein handelsüblicher Flüssigdünger. Im Sommer wollen die Pflanzen ins Freie und stehen gerne auf einem sonnigen Balkon, jedoch nicht unbedingt in der prallen Sonne. Sobald sie aus der „Kinderstube“ heraus sind, darf die Erde ruhig mal leicht bis zum nächsten Gießen antrocknen. Sinken Ende Oktober die Außentemperaturen dauerhaft unter 10 °C, sollten sie hell, allerdings auch frostfrei, wieder im Haus stehen. Je kühler es ist, desto weniger Wasser benötigen sie. Dattelpalmen können auch in wärmeren Zimmern untergebracht werden, ihnen fehlt dann jedoch die empfohlene Winterruhe. Ist die Raumluft zu warm und zudem durch die Heizung sehr trocken, werden sie anfällig für Schädlinge. Wer seine Palmen gut pflegt, kann über viele Jahre Freude damit haben. Irgendwann dürften sie einem vermutlich über den Kopf wachsen …
Fazit mit Augenzwinkern:
In der damaligen DDR hatte der kreative Bürger neben den gewöhnlichen „Kuba-Apfelsinen“ und den selten erhältlichen Südfrüchten theoretisch auch Datteln durch besondere gärtnerische Kunstgriffe (Bis eine Dattelpalme im heimischen Bereich nach bis zu 40 Jahren Früchte trägt, kann ein Staat schon wieder Geschichte sein.) als Vitaminlieferant. Man kann also nicht behaupten, es hätte nur eintönigen Weißkohl gegeben. Selbst wenn es mal Flauten in der „Versorgung“ gegeben hat, dann fabrizierte man aus dem vielen Weißkraut halt Sauerkraut. Nachweislich wurden wir jedoch in den volkseigenen Küchen bis zum Herbst 1989 vom heimischen „Rotkohl“ dominiert. Einen ganz anderen „Kohl“ haben viele auf eigenen Wunsch mit der politischen Wende bekommen. Dieser versprach dem Volk blühende Landschaften. Essen Sie doch mal wieder Blumenkohl!