Blatt-„Salat“

Das Frühjahr bringt in der Pflanzenwelt, nach der Winterruhe, eine starke Lebenskraft mit sich. Wir freuen uns daran, dass sich die Natur generiert und grüne Tupfer das übermächtige Grau ablösen.

Wer sich mit gesunder Ernährung beschäftigt oder seinen Körper mit einer Frühjahrskur etwas Gutes tun will, weiß die vegetarische Zukost an frischen Blättern, Blüten und Knospen von Wildkräutern zu schätzen. Gänseblümchen, Löwenzahn, Brennnessel & Co stehen uns ja fast ganzjährig zur Verfügung. Und der Frühling bringt eine enorme Vielfalt an weiteren gesunden Pflanzen mit sich. Etliche Arten siedeln sich in unseren Gärten und Parks von alleine an, werden jedoch vielerorts als „Unkraut“ vernichtet.

Beim Sammeln in freier Natur denkt man über mögliche Kontaminierungen mit Schadstoffen nach. Auch die Hinterlassenschaften aus dem Darm mancher Tiere halten uns manchmal davon ab, die Geschenke der Natur anzunehmen. Wer bspw. den Fuchsbandwurm fürchtet, kann das frische Grün von Sträuchern und Bäumen – „eine Etage höher“ – sammeln. Baumblätter erhalten leider immer noch zu wenig Beachtung, wenn es um die menschliche Ernährung geht.

Früchte von Obstbäumen sind allgemein beliebt. Doch saftige Knospen und sich frisch entfaltende Blätter von Obstgehölzen, Park- und Wildbäumen sowie von Sträuchern werden oftmals ignoriert oder als reine naturheilkundliche Arznei betrachtet.

Ab April – oder nach milden Wintern auch schon früher – sprießt der gesunde Segen mit dem blutreinigenden Chlorophyll, Vitaminen und vielen wertvollen Mineralstoffen. Der beste Sammelzeitpunkt für Baumblätter unserer meisten heimischen Bäume liegt im Wonnemonat Mai. Pralle Knospen von ungiftigen Gehölzen lassen sich natürlich auch schon im März finden. Frische Tannennadeln stehen ganzjährig zur Verfügung.

Es ist ein Vergnügen, sich mit Kindern auf Streifzug zu begeben und staunende Fragezeichen in ihre Gesichter zu zaubern, wenn man diese zum spontanen Imbiss einlädt. Vor allem für Stadtkinder, deren Großteil an Mamas und Papas blind alle Tastenfunktionen des neuesten Handys beherrschen, den Blick in die Natur jedoch oftmals schon verloren haben. Oft höre ich das elterliche Reduzieren auf „das schmeckt bäh“ oder „das ist gefährlich“, weil es auch unbekömmliches und giftiges Grünzeug außerhalb der Supermarktregale gibt. Selbstverständlich müssen Kinder und Erwachsene sicher sein, welche Pflanzen für den Verzehr geeignet sind und welche Giftstoffe enthalten. Das ist nicht anders wie beim Pilze sammeln. Das Wissen um unsere Wildpflanzen weiterzugeben, ist mir persönlich ein großes Anliegen. Die nun folgenden aufgeführten Baumarten sind gute Beispiele, um in die Thematik einzusteigen. Es ist eine kleine Auswahl allseits bekannter Bäume, welche gut schmeckende Blätter bzw. Nadeln  haben. Gerade für die einseitig gehaltenen Geschmacksnerven ist es ein Erlebnis und regt letztendlich positive Vorgänge im Organismus des Verzehrers an, bis hin zu heilsamen Impulsen für etliche Krankheitsbeschwerden.

  • Obstbäume (z. B: Apfel, Birne, Pflaume, Süß- und Sauerkirsche sowie die Wild-Kirsche): mild und leicht fruchtig
  • Sommer- und Winterlinde: fein, mild und aromatisch
  • Spitzahorn: mild, süß-säuerlich
  • Buche: säuerlich
  • Eiche: bitterlich, herb
  • Birke: süßlich, herb
  • Fichte, Lärche, Kiefer (weiche Triebspitzen): säuerlich, herb mit würziger Harznote

Tannen sind eher nicht geeignet. Unbedingt muss man eine Eibe (Taxus) von anderen Nadelbäumen unterscheiden können, denn die Eibe ist (bis auf den roten Samenmantel) in allen ihren Teilen stark giftig, auch der Samenkern.

Bei Baumarten mit vielen Gerbstoffen wie Birke und vor allem Eiche sollten wirklich nur die Jungblätter verwendet werden. Je älter und ledriger das Blatt, umso bitterer und derber wird der Geschmack. Rote Blätter haben meist ebenso einen sehr herben Geschmack. Haltet euch an das frische Grün! Beim Sammeln ist bitte unbedingt darauf zu achten, dass pro Baum nur wenige Blätter entnommen werden, und das möglichst an ohnehin schon dicht bewachsenen Zweigen. Bitte vorsichtig abzwicken oder am besten mit einer Schere abschneiden. Der Baum soll nicht verletzt oder um seine natürliche Wuchsform gebracht werden. Er möge uns Energie geben und wir dürfen ihn nicht durch zu große Eingriffe der selbst benötigten Kräfte berauben.

Bei jungen Kirschblättern lässt sich ein mandelartiger Geschmack bemerken. Lindenblätter sind allerfeinstes Gemüse, auch gleich zum Naschen.

Alle aufgeführten Baumblätter lassen sich hervorragend in sämtliche Salatvariationen mischen und würzen kleingeschnitten diverse Gerichte. Auf ein Butterbrot oder im Quark geben sie eine pikante und gesunde Abwechslung zum üblichen Speisenrepertoire. Eine Art Spinat lässt sich aus gedünsteten Blättern herstellen. Aus

Ahornblättern gelingt ein hervorragendes Sauerkraut. Und natürlich können frische Baumblätter bestens in Smoothie-Kreationen ihre gesunde Wirkung entfalten.

Von allen hier benannten Baumarten lassen sich ebenfalls die Blattknospen und auch Blüten verwenden. In diesen stecken zudem konzentrierte Heilkräfte, bspw. bei der Linde. Damit muss man sich gesondert auseinandersetzen, denn dieses Thema ist sehr vielfältig und es ließ sich an dieser Stelle nur ein kleiner Einblick gestalten. Bleiben Sie gesund und wissbegierig und genießen Sie doch mal einen ganz anderen „Blatt-Salat“. Dieser ist frei von Düngemitteln und Spritzmitteln.

 

Gern organisiere ich dazu auch einmal einen thematischen Wissens- Spaziergang. Falls Bedarf daran besteht, fragen Sie bitte in der Mitgliederbetreuung danach.

Ihr Andreas Wolf-Kather

aus VS Aktuell 1/2020, erschienen im  VS Aktuell 1/2020 Blumen- und Gartentipps