Wo alles zusammen läuft

Die Geschäftsstelle während der Corona-Krise: Zumeist arbeitet sie im Hintergrund und ist kaum sichtbar – die Geschäftsstelle. Ohne die fleißige Arbeit dieser Kollegen würden jedoch der Verein und seine Tochterunternehmen nicht funktionieren. Auch für den Betrieb der Einrichtungen ist sie wichtig. VS Aktuell sprach mit Geschäftsführerin Ulrike Ullrich.

 

In der Geschäftsstelle laufen die Fäden zusammen, wichtige Entscheidungen werden hier getroffen. Wie ist die Krise hier angekommen?

Fast schon über Nacht und mit voller Wucht. Gerade in der Geschäftsstelle merken wir, dass die politischen Entscheidungen sehr schnell und für uns mit sehr kurzer Vorlaufzeit für die Umsetzung getroffen werden müssen. Das ist verständlich, immerhin musste und muss ja die Politik auf die Entwicklung der Pandemie und den damit verbundenen Zahlen sofort reagieren und die Einschränkungen des öffentlichen Lebens im Sinne einer Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus verfügen. Für uns war und ist das jedoch eine enorme Herausforderung. So fallen bspw. die Entscheidungen an einem Mittwoch oder Donnerstag, die entsprechenden Regelungen kommen mitunter am Freitagabend oder erst am Wochenende und müssen innerhalb weniger Stunden von uns umgesetzt werden. Zudem greift für uns nicht nur eine Allgemeinverfügung. Durch die Vielschichtigkeit unserer sozialen Dienstleistungsangebote und Einrichtungen hat jeder Bereich seine Verfügungen und Verordnungen. Diese sind leider keine leichte Lektüre, mitunter bleiben viele Fragen zur Umsetzung und zur Refinanzierung erst einmal offen. In Verbindung mit sich mitunter schnell verändernden Vorgaben durch den Bund, das Land und der Kommune wird die Arbeit unserer Einrichtungen wesentlich beeinflusst. Unsere Führungskräfte haben hier Großartiges geleistet und das neben ihren normalen Aufgaben geschultert.

Ebenso einen Mehraufwand hatten die meisten Kollegen der Geschäftsstelle. So hat unsere Personalabteilung bspw. für die Mitarbeiter in der Pflege sehr schnell Arbeitsbestätigungen gedruckt, damit diese sich während der Ausgangsbeschränkungen auf dem Arbeitsweg ausweisen konnten. Für die Kollegen der Lohnbuchhaltung war es erforderlich, sich mit dem Thema „Kurzarbeit“ intensiv auseinanderzusetzen, da dies für einige Mitarbeiter der Einrichtungen notwendig gewesen ist. Zudem mussten die gesonderten Regelungen für Mitarbeiter in Quarantäne in das Personalverwaltungsprogramm eingearbeitet werden. Die Mitarbeiter des Bereiches Stationäre Pflege haben u. a. Schutzmasken, Desinfektionsmittel und selbstverständlich Klopapier bestellt und ein zentrales Lager dafür angelegt, so dass bereits in den ersten Tagen der Krise diese Waren an die Einrichtungen verteilt werden konnten. Die Einrichtung der neuen Stelle eines Hygienebeauftragten hat sich schon bewährt, hat er doch gleich Hygienepläne aufgestellt und die Kollegen der Geschäftsstelle und in den Einrichtungen geschult und belehrt. Seitdem ist eine zusätzliche Aufgabe für unsere Sekretärin und für die Referentin der Geschäftsleitung, zwei Mal am Tag die Türklinken in der Geschäftsstelle zu desinfizieren. Unsere Öffentlichkeitsarbeit wird gerade mit wesentlich mehr Beiträgen für die Sozialen Medien und die Internetseiten versorgt, denn die Angehörigen wollen ja bspw. wissen, wie es den Bewohnern in unseren Seniorenpflegeheimen geht. Hierfür haben unsere Administratoren eine schöne Lösung herbeigeführt, indem sie Zugänge für die Video-Telefonie eingerichtet haben. All das und vieles mehr sind unsere Mitarbeiter neben der gewohnten Arbeit und mit viel Engagement und Teamgeist angegangen.

Das Kontaktverbot betraf zwar nicht das Arbeitsleben, dennoch sollten auch hier die Abstandsregeln eingehalten und Kontakte minimiert werden. Wie ist das gelungen?

Es galt ja zum einen, die Ansteckungsgefahr zu minimieren, zum anderen aber auch, im Falle einer Infektion nicht alle Mitarbeiter in die Quarantäne schicken zu müssen. Das wäre für uns nur sehr schwer verkraftbar gewesen. Die Aufrechterhaltung des Betriebes der Geschäftsstelle war oberstes Gebot. Rechnungen müssen trotz Corona gebucht und bezahlt sowie die Löhne gerechnet und überwiesen werden. Daher haben wir sehr früh einen Hygieneplan erstellt und überlegt, wie wir es schaffen, dass sie sich dennoch – sprichwörtlich – verstanden aus dem Weg gehen.
Einige sind auf einen Arbeitsplatz in der Geschäftsstelle zwingend angewiesen. Das liegt einfach daran, dass hier die Unterlagen liegen, bspw. die Rechnungen, die unsere Mitarbeiter der Abteilung Finanzen bearbeiten. Für diese hatten wir zunächst ein 2-Schichtsystem mit einer Desinfektion dazwischen eingerichtet, mittlerweile haben wir jedem vorübergehend ein eigenes Büro zur Verfügung stellen können. Die anderen Mitarbeiter konnten i. d. R. abwechselnd ins Homeoffice gehen. Das hat nicht jedem Kollegen immer Spaß gemacht und viele der Kollegen haben sich nach ein paar Tagen wieder in ihr Büro gewünscht. Vor allem für die Mitarbeiter, die neben dem Homeoffice noch kleine Kinder betreuen mussten, war das nicht einfach, denn diese fordern ja ihr Recht auf Zuwendung mitunter lautstark ein. Und bei der ein oder anderen Video-Konferenz tauchte schon mal ein Kind auf dem Bildschirm auf, um die Mama etwas zu fragen.

Sie haben für die Beratungen auch Videokonferenzen genutzt. Hat das gut funktioniert?

Statt unsere Beratungen einfach abzusagen, fanden sehr viele Telefon- und Videokonferenzen statt. Von einem Tag auf den anderen haben wir diese für uns noch recht neuen Kommunikationstechnologien genutzt. Das hatte natürlich auch seine Tücken. Einige Minuten müssen wir schon noch einplanen, damit dann alle Teilnehmer sich eingewählt haben und die Qualität der Übertragung auch stimmt. Anfangs wurde zumeist einige Tage zuvor eine Test-Konferenz eingerichtet, da wir befürchteten, dass etwas ältere Teilnehmer Probleme mit dieser Technik haben könnten. Da hatten wir uns aber ganz schön geirrt. Sowohl bei den Test-Konferenzen als auch bei den Sitzungen waren diese oft sofort in guter Qualität zu sehen und zu hören während andere noch mit der Technik kämpften. Auch die letzte Vorstandssitzung fand per Telefon- und Videokonferenz statt.

Bei den externen Beratungen, also bspw. mit Ämtern oder der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Chemnitz, spielen gegenwärtig mehr Telefonkonferenzen eine große Rolle. Noch viel mehr als beim Video, wo man die anderen Teilnehmer mal mehr mal weniger pixelig ab und an sieht, muss man sich hier an eine neue Diskussionsdisziplin gewöhnen, denn man sieht ja nicht, wer sich gerade zu Wort melden möchte. Ein Rascheln am Arbeitsplatz, ins Zimmer hereinkommende Personen oder „mal eben eine kurze Zwischenbemerkung abgeben“ funktionieren hier nicht. Alles wird gut mitgehört und stört den aktuellen Redner. So war es mir schon etwas peinlich, als pünktlich während einer Telefonkonferenz der Liga mit Bürgermeister Ralph Burghart und Vertretern der Ämter in der Wohnung unter meinem Büro lautes Bohren anfing und partout nicht wieder aufhörte.

Video- und Telefonkonferenzen sind gegenwärtig ein Segen. Sie ersetzen jedoch nicht das persönliche Gespräch oder eine Beratung von Angesicht zu Angesicht. Für kurze Abstimmungsrunden mit einer überschaubaren Anzahl an Teilnehmern werden wir diese Technologie sicherlich auch weiterhin verwenden, damit sich die Kollegen auch den mitunter recht weiten Weg in die Geschäftsstelle sparen können. Sobald es geht, werden wir – natürlich unter Einhaltung von Abstands- und Hygienegeboten – die Beratungen in unserer Geschäftsstelle oder in einem Raum des Stadtteiltreffs wieder stattfinden lassen.

aus VS Aktuell 2/2020, erschienen im  VS Aktuell 2/2020 Aus dem Stadtverband