Ursula Poser

Jeder dritte Dienstag im Monat (mit Ausnahme des Dezembers) ist für die Wohngruppe 433 am westlichen Rand von Chemnitz seit drei Jahren eine feste Größe. Da findet, organisiert von Hauptkassiererin Ursula Poser, die zugleich als Vorsitzende amtiert, der regelmäßige Besuch des Thermalbades Wiesenbad bei Annaberg-Buchholz statt. Dort gibt es nachmittags zwei Stunden feuchtfröhliche Erholung. Ein deftiges Abendessen im "Weißen Roß" von Schönfeld an der B 95 beschließt jeweils den Tag. Das fällt der kleinen, weißhaarigen Frau, die einen mütterlichen Eindruck macht, gleich auf die Frage nach Höhepunkten im Leben der Wohngruppe ein. Mittlerweile habe sich ein Stamm von etwa 20 Badefreudigen zwischen 60 und 80 gebildet, die stets tolle Stimmung mitbringen, bestätigt Volkshelferin Silvia Mahnecke. Sie holt gerade frisch geschriebene Geburtstagskarten in dem Haus am Ende der Zwickauer Straße ab. Sechs verschiedene Glückwunschtexte hat sich Ursula ausgedacht. Ehemann Rolf schreibt sie dann in unterschiedlichen Schriftarten auf dem Computer. "Ich bin der Sekretär", stellt er sich mit selbstironischem Lächeln vor.

 

In der Tat, ohne ihn wäre die "Chefin" mitunter schlimm dran. Sie macht zwar Pläne und Konzeptionen, nicht vergessen die Abrechnungen, berät sich auch mit ihm und ihren acht Volkshelferinnen. Aber er bringt alles in die richtige Form, ob Einladung, Programm, Glückwunsch oder Tabelle. Außerdem hilft er beim Verteilen der Zeitschrift "Spätsommer". Stets fährt er sie zu den weit entfernten Adressen, wenn die Hauptkassiererin - wie allgemein in der "Soli" üblich - bei ihrer eigenen kleinen Klientel von 36 Mitgliedern die Beiträge abholt. Dabei geht es meist nicht ohne einen Schwatz oder auch mal ein Herzausschütten ab. Ursula Poser kann geduldig zuhören und zuweilen einen Rat geben. "Unsere alten Leutchen sind es wert, dass wir uns um sie kümmern", ist ihre Maxime. Und wieder ergänzt Silvia Mahnecke, dass Mitglieder, die innerhalb der Stadt verzogen sind, nicht den längeren Weg scheuen, sei es von Siegmar, aus dem Heckert-Gebiet oder vom Karbel, um an den Veranstaltungen der Wohngruppe teilzunehmen, "weil hier immer etwas los ist". Neben den Fahrten zum Thermalbad gibt es Faschings- und Frühlingsfeiern, Grill- und Weinfeste sowie bunte Quizveranstaltungen. Dafür müssen unter anderem Musikanten, Alleinunterhalter und stets Busse organisiert werden, weil man sich in der Begegnungsstätte Semmelweisstraße trifft, die etwas entfernt ist. Oft finden wegen des Zuspruchs und der eingeschränkten Räumlichkeiten. solche Feste zweimal statt.

 

"Zu unseren Veranstaltungen kommen meist 70 bis 80 Mitglieder", sagt Ursula Poser. Sie organisiert diese Begegnungen gern, weil es ihr Spaß macht, für andere etwas auf die Beine zu stellen und weil sie das kann, viele Kontakte geknüpft hat. Das ganze Leben lang war sie gesellschaftlich aktiv. Ihr Kollege aus der Wismut-Verwaltung, Ernst Ahlborn, war der frühere Vorsitzende der 433. Er brauchte 1981 eine Hauptkassiererin und gewann Ursula Poser dafür. Damals war sie 50. Nach der Wende zog der Vorsitzende nach Grüna, ist inzwischen verstorben. Die Wohngruppe hat den Einschnitt vor zehn Jahren mit gut 50 Mitgliedern überstanden. Heute sind es 145. Und Mutter und Oma Ursula, die im Haus auch für die Familie der jüngeren von zwei Töchtern mit kocht und sorgt und bei Bedarf mit ihrem Mann die zwei Enkel betreut, hat seit 1990 zusätzlich den Vorsitz der Gruppe 433 übernommen, weil es eben jemand machen muss und die Leute es ihr wert sind.

aus VS Aktuell 1/2001, erschienen im  VS Aktuell 1/2001 Im Ehrenamt vorgestellt