Die Homöopathie ist ein Heilverfahren, das den ganzen Menschen in den Mittelpunkt stellt. Nicht Krankheiten, sondern kranke Menschen werden behandelt. Durch diesen Ansatz kommen dem Lebensumfeld und der Einheit von Körper, Seele und Geist besondere Bedeutung zu. Symptome werden als Ausdruck eines gestörten inneren Gleichgewichts interpretiert und als Ausdruck des Kampfes der Abwehrkräfte gegen diesen disharmonischen Zustand gesehen. Die Homöopathie soll diesem natürlichen Heilungsmechanismus Anregung geben. Begründet wurde die Homöopathie durch den deutschen Arzt Dr. Christian Friedrich Samuel Hahnemann (1755-1843). Die verwendeten Substanzen (Pflanzen, tierische Produkte, Mineralien), die unverdünnt manchmal sogar giftig sind, werden nach einem komplizierten Verfahren zu einem Auszug verarbeitet. Das Ergebnis ist die Urtinktur. Sie wird durch stufenweises Verdünnen mit Wasser und Alkohol und durch Verschütteln (Potenzieren) immer mehr von ihren materiellen Teilen befreit. Durch das minutenlange Schütteln mit schlagenden Bewegungen soll die „Information“ der Substanz aus ihrer materiellen Hülle herausgelöst werden. Bloßes Verdünnen allein zeigt nicht die selbe Wirkung. Wenn ein Teil der Urtinktur mit 9 Teilen Alkohol vermischt und verschüttelt wird, nennt man das Ergebnis D1 - die erste Dezimalpotenz der Urtinktur. Von dieser Verdünnung wird wieder ein Teil mit 9 Teilen der Wasser-Alkohol- Mischung verschüttelt und dadurch zur D2 und so weiter. Bei einer D4 wurden demnach 4 Verdünnungen durchgeführt, bei einer D10 sind es 10 Verdünnungen. Wird im Verhältnis 1 : 100 verdünnt, nennt man das Ergebnis C1, C2 usw., bei einem Verhältnis von 1:50.000 heißt es LM1, LM2 etc. Je häufiger die Tropfen verdünnt und potenziert werden und je weniger materielle Reste in der Verdünnung enthalten sind, desto größer ist paradoxerweise die Heilkraft der Substanz. Die Wirksamkeit solcher Arzneimittel wird mittlerweile durch die Informationsspeicherfähigkeit von Wasser zu erklären versucht. Die Urtinktur kann jedoch auch mit Milchzucker in den selben Mischungsverhältnissen in einem Mörser zerrieben und anschließend zu Tabletten gepresst werden. Darüber hinaus sind auch Globuli (kleine Streukügelchen) erhältlich, die mit Rohrzucker zubereitet werden und ebenfalls die Information der Substanz enthalten. Neben diesen drei gebräuchlichsten Formen zum Einnehmen sind auch schon homöopathische Tinkturen, Salben, Gelees, Emulsionen und Zäpfchen erhältlich. Ziel der Homöopathie ist die Stimulierung der Selbstheilungskräfte des Körpers. Jeder Mensch wird bei der Homöopathie nach seinem gesamten Erscheinungsbild diagnostiziert und behandelt. Damit unterscheidet sich die Behandlung grundsätzlich von der Schulmedizin, die üblicherweise von einem bestimmten Krankheitssymptom ausgeht. Im Sinne der klassischen Homöopathie sind vor allem chronische Erkrankungen, Allergien, Abwehrschwäche oder psychosomatische Beschwerden gut zu behandeln. Zusätzlich kann die Homöopathie nach Absprache mit dem Therapeuten bei fast allen Krankheiten als begleitende Maßnahme zu schulmedizinischen Therapien eingesetzt werden. Das zugrundeliegende Denkgebäude der Homöopathie entzieht sich in wesentlichen Teilen einer rein materialistischen naturwissenschaftlichen Bewertung. Vor allem die Tatsache, dass in den hoch potenzierten Verdünnungen analytisch teilweise kein Wirkstoff mehr nachzuweisen ist, lässt Skeptiker bestenfalls an den Placeboeffekt glauben. Die Wirksamkeit der Homöopathie ist daher umstritten. Vergleichsstudien mit Placebos (Präparaten, die keinen Wirkstoff enthalten) bescheinigen der Homöopathie allerdings eine größere Wirksamkeit als den Placebos. Auch Kinder und Tiere sprechen auf Homöopathie gut an. Obwohl die Homöopathie von manchen Medizinern noch stark kritisiert wird, verbreitet sie sich immer mehr bei Ärzten und Patienten. Da die Homöopathie jedoch darauf abzielt, die Selbstheilungskräfte anzukurbeln, sind ihr dort Grenzen gesetzt, wo keine körpereigenen Abwehrkräfte mehr vorhanden sind. Müssen Stoffe ersetzt werden - zum Beispiel Insulin bei Diabetes, Gerinnungsfaktoren bei der Bluterkrankheit oder Hormone - ist die Homöopathie als regulatives Verfahren nicht ausreichend. Es ist aber möglich, mit Homöopathie die Begleiterscheinungen dieser Erkrankungen zu lindern und die Kranken seelisch zu stärken.
Homöopathie – Eine sanftes Heilverfahren
aus VS Aktuell 2/2008, erschienen im VS Aktuell 2/2008 Tipps vom Apotheker