Eine für alle – alle für eine. So möchte man die Parole der vier Musketiere leicht abwandeln, wenn man Anneliese Gödickemeier und ihre Leitung der Wohngruppe 058 in Stelzendorf kennen gelernt hat. „Die Anneliese ist eine Frau, die das Herz auf dem rechten Fleck hat“, sagt Cornelia Reuter. Sie ist Hauptkassiererin und die Jüngste im Leitungsgremium. Alle nennen sie nur Conni. Vor etwa sechs Jahren hat Anneliese sie für diese Funktion gewonnen, so ganz nebenbei, ohne großes Theater. Conni war wegen der Großmutter ihres Mannes bei der Leiterin. Ob sie da irgendeine Teilnehmerkarte bezahlt und abgeholt hat oder nur einen Rat wollte, weiß sie heute nicht mehr. Aber der Werbe-Dialog war kurz. „Du könntest Hauptkassiererin in der Wohngruppe machen“, sagte die Ältere, „Ja“, die Jüngere, und „Wie geht das?“ Natürlich hat sie dann noch entsprechende Hinweise bekommen und sich bald ganz gut eingearbeitet. Dabei hat sie mit ihrer Familie – Ehemann und drei Kinder – auch so ganz schön zu tun. Aber sie packt es. Und von der Leiterin sagt die Mittdreißigerin heute: „Für die Volkssolidarität würde die noch viel mehr tun, wenn sie gesund wäre.“
Das bestätigt Eberhard Seifert, Revisor und für Kultur und Reisen in der Wohngruppe zuständig. „Anneliese hatte schon immer den Willen, für andere da zu sein“, sagt der Studienrat i. R. Er kennt sie, seit sie 1951 ihren Henry geheiratet hat und in dessen Elternhaus nach Stelzendorf gezogen ist. Im Jahre 1973 wurde die damals 45-jährige Angestellte im „Werkzeugmaschinenbau 8. Mai“ Mitglied der Volkssolidarität und bekam auch gleich die Funktion der stellvertretenden Leiterin der Wohngruppe. Ihren Mann hat sie zwei Jahre später für die „Soli“ geworben. Seit mehr als zwanzig Jahren leitet Anneliese Gödickemeier inzwischen die Stelzendorfer Gruppe, da ihr Vorgänger Heinz Rogasch weggezogen und inzwischen verstorben ist. Dabei wirkte sie in den 80ern noch als stellvertretende Vorsitzende der örtlichen DFD-Gruppe. Sie habe sich immer dafür eingesetzt, dass Volkssolidarität, DFD und Schule in Stelzendorf gut zusammen arbeiteten, weiß Eberhard Seifert. So gestalteten die Schüler manch bunte Veranstaltung und Weihnachtsfeiern für die Älteren auch auf ihr Bemühen hin aus. Sie organisierte Ausfahrten für die Wohngruppe ins Erzgebirge, nach Klosterlausnitz und anderen schönen Gegenden. Ihre über die vielen Jahren gewachsenen guten Verbindungen im Ortsteil nutzte sie, um Gymnastikstunden und Kegelnachmittage in Schule und Gasthof für die Gruppe auf die Beine zu stellen. In den 90er Jahren, da war sie schon Invalidenrentnerin, organisierte Anneliese Arztvorträge zur Gesunderhaltung. Ebenso lud sie Kriminalisten ein, die vor der Wohngruppe über den Schutz vor Straftaten referierten. Dabei hat sie ihre Leitungsmitglieder stets einbezogen. Mit Eberhard Seifert wirkte und wirkt sie zum Beispiel noch immer eng zusammen, wenn es um interessante Reisen oder um Veranstaltungen zur Traditionspflege ging und geht. Der Lehrer ist bereits seit mehr als 50 Jahren für die Wohngruppe aktiv. Und er sorgt mit für das gute Klima in der Leitung, besonders in den letzten zehn Jahren, seit Anneliese wegen ihrer kranken Beine nicht mehr aus dem Haus kommt. Sie regelt, was sie schriftlich und telefonisch regeln kann, bestellt Veranstaltungskarten, Busfahrten, nimmt Geld entgegen, verhandelt mit Lokalbetreibern, stellt auch ihre CD-Sammlung für Veranstaltungen zur Verfügung. Aber die Wege nehmen ihr die Stellvertreterin Monika Roscher, Eberhard Seifert, Cornelia Reuter, Gisela Lasch und Thomas Heinitz ab. Das gilt besonders für die Kassierung der Mitglieder, die jährlichen Listensammlungen oder zu Beratungen beim Stadtverband. Für die letzten Einkäufe zur Weihnachtsfeier im Dezember ist Gisela Lasch zuständig.
Leitungssitzungen finden jedoch stets bei Anneliese im Wohnzimmer mit den alten, gediegenen Möbeln statt. Das ist Tradition. „Anneliese hat den Willen, nicht aufzugeben“, sagt Eberhard. „Sie, die sehr aktiv war, als sie noch gehen konnte, braucht das Gebrauchtsein. Das respektieren wir.“
Schon traditionell könnte man ebenfalls die täglichen Abendbesuche von Monika Roscher bei den Gödickemeiers nennen. Gegen 17.00 Uhr nimmt sie den Fünfminutenweg von Haus zu Haus, sieht nach Anneliese und Henry und bereitet für sie das Abendbrot. Auch anfallende Wäsche erledigt die Endsechzigerin gleich im Haus mit Gödickemeiers Maschine. Da kommt sie eben früher. Und bevor sie wieder geht, füllt sie noch die Wärmflasche mit warmem Wasser für die Beine der Älteren. Das erledigt sie nun schon rund fünf Jahre lang. Natürlich kommen noch andere Helfer den Tag über, auch professionelle. Aber Wäsche, Abendbrot und Wärmflasche besorgt Monika – Nachbarschaftshilfe eben.