Die 50- bis 64-Jährigen in den ostdeutschen Bundesländern (einschließlich Berlin-Ost) sind mit ihrer Lebenssituation weniger zufrieden als der ostdeutsche Durchschnitt. Ursache seien vor allem die berufliche und familiäre Situation sowie die damit verbundenen Einkommen. Das gehört zu den Hauptaussagen des „Sozialreport 50+ 2013“, den die Volkssolidarität am 1, Oktober 2013 in Berlin gemeinsam mit der Berliner Pressekonferenz vorstellte. Verbandspräsident Prof. Dr. Gunnar Winkler forderte aus diesem Anlass von der nächsten Bundesregierung, dass die Finanzierung des Sozialstaates nicht weiter geschwächt werden dürfe.
Von den älteren Ostdeutschen bewerten nur wenige ihre Entwicklung seit 1990 als „Aufstieg“, so der „Sozialreport 50+ 2013“. Ein Viertel von ihnen erlebte dagegen eher einen sozialen Abstieg, was vor allem an den Sozialreformen seit dem Jahrtausendwechsel liegt. Die Studie zu den Auffassungen und Positionen der 50- bis 64-Jährigen in den neuen Bundesländer zu ihrer sozialen Lage wurde im Auftrag der Volkssolidarität vom Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin-Brandenburg (SFZ) e.V. erarbeitet. Für die zugrunde liegende Erhebung wurden im Mai 2013 insgesamt 1.256 Bürger ab dem 18. Lebensjahr schriftlich befragt.
47 Prozent der befragten 50- bis 64-jährigen Ostdeutschen gaben an, mit ihrem Leben insgesamt zufrieden zu sein. 14 Prozent von ihnen verneinten das. Besonders gering ist der Studie zu Folge die Zufriedenheit in der Gruppe der 55- bis 59-Jährigen ausgeprägt. Der „Sozialreport 50+ 2013“ macht darauf aufmerksam, dass die 50- bis 64-Jährigen massiv aus dem Erwerbsleben in die Arbeitslosigkeit abgedrängt und „nicht immer freiwillig und mit Abschlägen“ in die Rente geschickt werden. „Die Hälfte scheidet in dieser Lebensspanne aus der Erwerbstätigkeit aus, die Arbeitslosigkeit verdoppelt sich. 40 Prozent sind in den letzten fünf Jahren vor dem gesetzlichen Rentenalter schon Rentnerin bzw. Rentner.“ Dieser Verdrängungsprozess führe dazu, dass die Ostdeutschen in dieser Altersgruppe besonderen sozialen Risiken ausgesetzt sind, wie einer überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit (13 Prozent), einer hohen Armutsquote (19 Prozent) sowie deutlichen Einkommenseinbußen von durchschnittlich einem Drittel im Vergleich zum Durchschnitt.
Nur wenige derjenigen, die „in hohem Maße die wirtschaftliche und politische Entwicklung der letzten 30 bis 40 Jahre prägten“, halten die deutsche Einheit für vollendet, so Verbandspräsident Winkler. Immerhin ein Drittel von ihnen zieht laut „Sozialreport“ eine negative Bilanz der letzten 23 Jahre. Den Versprechungen der bisherigen Bundesregierung, dass es bis 2019 zu einer Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West kommt, werde misstraut. Fast drei Viertel der 50- bis 64-Jährigen ginge davon aus, dass sich ihre finanzielle Absicherung im Alter verschlechtere.
Winkler machte bei der Vorstellung der Studie auf eine „überdurchschnittlich hohe soziale Verunsicherung“ aufmerksam. Er betonte, „dass die Erfahrungen der Ostdeutschen auch besagen, dass es keine soziale Sicherheit ohne Freiheit gibt und umgekehrt“. Beides dürfe nicht gegeneinander ausgespielt werden. Der Verbandspräsident warnte die nächste Bundesregierung davor, die bisherigen Spardiktate zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit, der sozialen Infrastruktur und der öffentlichen Daseinsvorsorge fortzusetzen. Die Volkssolidarität fordere einen höheren Spitzensteuersatz für hohe Einkommen sowie, dass Steuerflucht und Steuerbetrug wirksam bekämpft werden. Es gehe den Ostdeutschen um gleichwertige Lebensverhältnisse im Sinne der Chancengleichheit, das eigene Leben selbstbestimmt gestalten zu können. Winkler erneuerte die Forderung, den Rentenwert Ost in einem kurzen Zeitraum an den Westwert anzugleichen. Es sei nicht hinnehmbar, wenn jetzt davon gesprochen werde, dass das frühestens in 20 Jahren geschehe.