Im Ehrenamt vorgestellt: Hannelore Bennewitz

„Helau“ heißt es am zweiten Februar-Donnerstag in der Kappler Begegnungsstätte Horststraße 11. Die Wohngruppe 047 feiert nachmittags im schönen hellen Klubraum Fasching. Weiberfasching, denn das weibliche Geschlecht ist in der großen Überzahl. Die Handvoll anwesender Männer hat allerdings nicht um das Schlipsabschneiden zu fürchten. Die Frauen haben vermutlich ihre Scheren vergessen. Alle machen mit beim Schunkeln, bei Gesang und Tanz, lassen den „alten Holzmichel“ hochleben. Für tolle Stimmung sorgt am Keyboard Unterhaltungskünstler Jürgen Grubert aus Mittweida. Seine Späße rufen immer wieder Lachsalven hervor. Und dann geht sie los, die Polonaise „…von Blankenese bis hin nach Wuppertal“ …durch den Klub. Vorneweg Hannelore Bennewitz, Hauptkassiererin der Wohngruppe, aber an diesem Nachmittag stolze Spanierin in Rot und Schwarz. Die mittelgroße, schlanke Frau hat zu Beginn des fröhlichen Treibens alle begrüßt und ihnen schöne Stunden gewünscht. Die sind es dann auch bei Kaffee und Pfannkuchen, Wein und Bier, wofür Petra Linke, Leiterin des Treffs, freundlich sorgt.  „Ja, wenn wir die Hannelore nicht hätten“, sagt die 87jährige Edith Reh anerkennend. Ihre Tischnachbarin Ursula Klemm bekräftigt: „Die ist sehr rührig.“ Der Älteste, der sich in der Faschingsgesellschaft offenbar auch sehr wohl fühlt, ist mit 97 Jahren Karl Fischer.

Er kommt aus dem „Betreuten Wohnen“ im Hause und gehört zu der Gruppe von 23 Mitgliedern, die Hannelore Bennewitz neben ihrer Leitungsfunktion noch regelmäßig kassiert. Da wird aber nicht einfach nur Geld eingetrieben. Einfühlsam hört Hannelore, die ansonsten selbst gern erzählt, den Älteren zu, wenn es um „Gott und die Welt“ geht, widmet ihnen viel Zeit. „Das muss einfach sein“, sagt sie. Die Betreuung der Mitglieder ist für sie eben eine Notwendigkeit. Mit solchen freiwillig eingegangenen Notwendigkeiten ist sie aufgewachsen, ob in der FDJ, der Gewerkschaft und auch in der Volkssolidarität, der ihre Eltern Martha und Kurt ebenfalls angehörten.

In ihrem Betrieb, dem „Großdrehmaschinenbau 8. Mai“, in dem sie von 1961 bis 1964 den Beruf des Industriekaufmanns erlernte und bis Ende 1989 als Finanzsachbearbeiterin sowie als Sekretärin eines Hauptabteilungsleiters arbeitete, hat sie ehrenamtlich auch Kassiererfunktionen ausgeübt. Darum ist es für sie nichts Außergewöhnliches, dass sie als Hauptkassiererin ihrer Wohngruppe nahezu vier Jahrzehnte wirkt, so lange, wie sie der Soli angehört. Im Stadtverband aber sicher etwas Besonderes. Die Geldgeschäfte der Gruppe, die heute noch über 100 Mitglieder zählt, hat sie bisher stets ohne Beanstandungen erledigt, wie Renate Linke, Leiterin der 047, erklärt. Beide Frauen haben in den Zeiten der politischen Wende gemeinsam Gespräche mit vielen Mitgliedern geführt und sie überzeugt, nicht auszutreten. Und sie haben andere für den Verein neu gewonnen. Auch einige ihrer Familienmitglieder sind inzwischen dabei. So gehört Hannelores Tochter Ina (48) dazu und deren Schwiegermutter Rita Klusmann, jüngst ebenso die Enkelin Diana (26). Ihr Ehemann Ulrich, mit dem sie 2013 Goldene Hochzeit feierte, jetzt 17 Jahre Mitglied, ist ihr „Kraftfahrer vom Dienst“. Er transportiert Präsentkörbe für runde Geburtstage in der Wohngruppe mit dem eigenen PKW und fährt, wenn nötig, mit seiner und weiteren Frauen zu verschiedenen Veranstaltungen. „Ich bin auf jeden Fall immer dabei“, sagt er.

Den Jahresveranstaltungsplan be­reichert die quicklebendige Hannelore im Kreis der Wohngruppenleitung mit manchen Ideen. So geht es auf ihren Vorschlag hin im Frühjahr und im Herbst zum Kegeln in den „Platner Hof“, gibt es eine Frauentagsfeier mit Rosi und wird im Spätherbst „Korporal Stange“ engagiert. Die von Renate Linke dann zusammengestellten Pläne druckt die Hauptkassiererin gleich 90 mal mit ihrem Computer aus. Das zweite Gerät, das bei ihr nicht zur Ruhe kommt, ist eine Nähmaschine. Für einen Chemnitzer Kindergarten fertigt sie unter anderem Kinderhandtücher und bessert Wäsche aus. Zu all dem sagt sie wieder kurz und bündig: „Das muss eben sein. Jemand muss es machen.“ Fragt man sie nach einem Hobby, fällt ihr der Garten ein, wo sie mit ihrem Mann viel Gemüse anbaut und bei gutem Wetter mit der ganzen Familie grillt.

aus VS Aktuell 1/2015, erschienen im  VS Aktuell 1/2015 Im Ehrenamt vorgestellt