Von 49 eingeladenen Delegierten kamen am 23. Februar 39 zum 21. Verbandstag des Volkssolidarität Stadtverband Chemnitz e. V. in den Stadtteiltreff Clausstraße, 10 ließen sich entschuldigen.
Bericht des Vorstandes
Der Vorsitzende des Stadtverbandes Andreas Lasseck verlas den Bericht des Vorstandes und ging auf das Wesentlichste ein, was die Arbeit der Volkssolidarität Chemnitz im Jahr 2014 prägte.
Das gemeinsame Wirken in der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Chemnitz sei eine Besonderheit. Anstatt sich als Konkurrenten zu sehen, würden sich die Verbände zu Hilfebedarfen der Bürger, sozialen Angeboten, Förderungen durch die Kommune und kommunalpolitischen Themen beraten. Dieses Gremium sei in der Stadt nicht mehr wegzudenken und könne bei manchen Entscheidungen nicht einfach ausgeblendet werden. Bspw. wurde hinsichtlich der Förderung von Begegnungsstätten immer wieder die Bedeutung solcher Einrichtungen insbesondere für Senioren vermittelt. Neben vielen anderen Vereinen in Sachsen hat sie 2015 auch eine Podiumsdiskussion und eine Kundgebung mit etwa 1.000 Teilnehmern organisiert, um auf die notwendige Verbesserung des Personalschlüssels in Kindertagesstätten hinzuweisen. Eine schrittweise Anhebung erfolgt seit 2015, was aber immer noch viel zu wenig sei.
Auf die Frage, was man von der Mitgliedschaft in der Volkssolidarität hat, könne auch geantwortet werden, dass damit ein Verband unterstützt wird, der für die Menschen da ist und sich gemeinsam mit anderen Verbänden dafür einsetzt, dass eine sinnvolle Balance zwischen Finanzierung und sozialen Angeboten gefunden wird.
Blickte die Volkssolidarität Chemnitz Ende 2013 noch auf 5.002 Mitglieder, so sind es Ende 2014 4.618 (zzgl. 21 Fördermitglieder) mit einem Altersdurchschnitt von 74,86 Jahren gewesen. 462 Volkshelfer haben sich um das Wohl der zumeist betagten Mitglieder gekümmert. Der Durchschnittsbeitrag von 2,44 € hat bereits die Tendenz in Richtung 3 € pro Monat, die zur Bundesdelegiertenkonferenz im November 2014 beschlossen werden sollte.
Der Vorsitzende erwähnte, dass bereits zum Verbandstag 2013 auf die weltweit über 30 Kriege und bewaffneten Konflikte hingewiesen wurde. Die ersten Auswirkungen habe der Verein 2014, deutliche Folgen 2015 zu spüren bekommen. Der Verein hat die Essenversorgung von Flüchtlingen und auch ihre soziale Betreuung gern übernommen. Was damals noch in den Kinderschuhen gesteckt hat, sei heute ein Zugewinn für den Verein: Menschen mit ausländischen Wurzeln, die mehrere Sprachen sprechen und einen einzigartigen Wissensschatz aus anderen Kulturen mitbringen. Sie würden nicht nur Türöffner bei der Betreuung von Asylbewerbern sein, sondern auch Verbindungsglieder zu anderen Vereinen sowie jungen Menschen, die sich für ein Arbeiten in der Volkssolidarität interessieren und vorher vielleicht den Verband als Arbeitgeber nicht gesehen haben. Der Verein würde hier generell neue Wege beschreiten. Da in Deutschland nicht mehr genügend Pflegefachkräfte aus den eigenen Reihen rekrutiert werden können, sei der Blick in die Nachbarländer unausweichlich. So konnten noch vor Weihnachten 2014 die ersten Fachkräfte aus Rumänien ihre Tätigkeit im Seniorenpflegeheim Zwirnereigrund in Mittweida aufnehmen. Mittlerweile arbeiten über 30 in den Einrichtungen der Volkssolidarität Chemnitz.
2014 waren im Verein und seinen Tochterunternehmen 859 Mitarbeiter angestellt. Fast zwei Jahre später sind es über 1.000, wobei über 100 eine Staatsbürgerschaft von an die 30 anderen Länder haben.
Die wohl größte Herausforderung gegen Ende des Jahres 2014 sei die Einführung des Mindestlohns durch das Tarifautonomiestärkungsgesetz gewesen, dessen Umsetzung zum Jahresbeginn 2015 erst zu Beginn des vierten Quartals 2014 festgestanden habe. In Folge sind u. a. Kosten kalkuliert, Finanzplanungen angepasst, Pflegesatzverhandlungen und erforderliche Preiserhöhungen durchgeführt worden. Gleichzeitig wurde der Pflegemindestlohn auf eine neue Stufe gehoben. Andreas Lasseck betonte, dass der Verein dem Mindestlohn von Anfang an positiv gegenüberstand, kritisierte jedoch den knappen Zeitraum für seine Umsetzung, da es dadurch eine Herausforderung gewesen ist, sich darauf einzustellen, geschweige denn frühzeitig zu planen.
Generell unternehme der Verein sehr viel, um seiner Aufgabe als guter und starker Arbeitgeber gerecht zu werden. Dazu zählen bspw. jährliche Ausflugstage und Informationsabende für Mitarbeiter, eine Weihnachtsfeier für Mitarbeiterkinder, Hitzegetränke, die Teilnahme am Firmenlauf und spezielle Versicherungsangebote. Geschätzt werde zudem die offene Kommunikation im Verein. Kreativtage sind eingeführt worden, an denen Mitarbeiter „querdenken“ können und so viele neue Ideen für den Verein einbringen.
Der Vorsitzende informierte die Delegierten nachfolgend über einige Projekte der Volkssolidarität Chemnitz.
Dem Verein sei es gelungen, über eine Leasingfirma die Wohnanlage Clausstraße zu erwerben. Damit konnten auch drohende Mieterhöhungen abgewendet werden. Mittlerweile wurde auch das Nachbargrundstück gesichert, um hier von Investoren ein neues Pflegeheim bauen lassen zu können.
In Stollberg entsteht gerade ein neues Pflegeheim mit 120 Plätzen. Das Tochterunternehmen ESB – Seniorenresidenz Stollberg GmbH wird voraussichtlich Ende 2016 den Betrieb übernehmen.
In Bad Staffelstein baut derzeit ein Investor ein Heim, welches 2017 durch ein Tochterunternehmen betrieben werden soll. Hier ergäben sich gute Synergieeffekte zu den Heimen in Wiesau, Hersbruck und Waidhaus.
Geplant sei weiterhin, dass in dem leerstehenden Gebäude neben dem Seniorenpflegeheim und der Wohnanlage an der Mozartstraße Wohnungen für Betreutes Wohnen entstehen.
Basis für eine gut funktionierende Einrichtung seien gute Einrichtungsleitungen, die es in der heutigen Zeit erst einmal zu finden gilt. Eine gute Personalführung sei eng mit einem gut entwickelten Qualitätsmanagement verbunden. 2014 ist noch einmal die Geschäftsführung des Vereins mit den Verwaltungs- und Planungsleistungen für die Einrichtungen vom TÜV zertifiziert worden. Der Vorstand hat sich jedoch entschieden, dieses Zertifizierungssystem vorerst nicht weiterzuverfolgen, da es nicht mehr den Stellenwert habe. Die Zertifizierungsreife soll dennoch stets erhalten werden.
Eine qualitativ hochwertige Arbeit würden die Bewertungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Rahmen seiner Kontrollen in den Pflegeeinrichtungen ergeben. Bei den Sozialstationen liegen die Bewertungen bei 1,0 bis 1,1 und beim Seniorenpflegeheim „An der Mozartstraße“ bei 1,2.
Die Sozialstationen des Stadtverbandes haben 2014 nicht immer auf die hohen Anfragen von Hilfesuchenden reagieren und diese in ihre Betreuung aufnehmen können, was eine Folge der Fachkräftesituation sei. Dennoch konnten Erfolge verzeichnet werden, bspw. bei der vermehrten Erbringung von Verhinderungspflege durch eine Bezugspflegekraft, wodurch vor allem Patienten mit eingeschränkter Alltagskompetenz individueller und intensiver betreut werden können.
Qualität werde auch im Betreuten Wohnen gelebt. Um auch von den Mietsuchenden besser gesehen zu werden, die die Volkssolidarität nicht als Vermieter kennen oder meinen, dafür Mitglied sein zu müssen oder sich zu jung für das Betreute Wohnen fühlen, wurde das Projekt MitMensch ins Leben gerufen. Das Konzept ist gemeinsam mit einer Werbeagentur erarbeitet worden. Ein neues Aussehen soll zum Hinsehen und Nachfragen anregen. Bewusst wurde von den Farben der Volkssolidarität abgewichen, um im Straßenbild mit seinen vielen Eindrücken gesehen zu werden. Mit anderen Erscheinungsbildern hätten das Reisebüro und der Partyservice bereits Erfolg.
Von den Begegnungsstätten und Stadtteiltreffs wurde eine Einrichtung von der Stadt Frankenberg und fünf Einrichtungen von der Stadt Chemnitz unterstützt. Der Eigenanteil für den Betrieb der geförderten Einrichtung ist dennoch sehr hoch. Erfreulich sei, dass es insbesondere seitens der Stadträte große Bemühungen gibt, diese Förderungen weiter zu erhalten. Der Sinn dieser Einrichtungen, nämlich in erster Linie Orte der Kommunikation zur Verfügung zu stellen, der Einsamkeit entgegenzuwirken und Abwechslung in den Alltag besonders von Senioren zu bringen sowie ehrenamtliche Betätigungsmöglichkeiten anzubieten, sei in den Köpfen angekommen.
Im April 2016 wird der Verein den Treff am Rosenhof abgeben. Ursächlich dafür sei nicht nur die betriebswirtschaftliche Sicht. So ist der Raum aufgrund einer Treppe insbesondere für beeinträchtigte Personen nur schwer zu erreichen. Problematisch sei auch der Nikotingeruch aus der darunterliegenden gastronomischen Einrichtung.
Viele Begegnungsstätten würden eng mit den vier Kindertageseinrichtungen des Stadtverbandes zusammenarbeiten. Stets gut ausgelastet und trotz des bereits angesprochenen knappen Personalschlüssels erbringen alle Einrichtungen eine hochwertige Arbeit. In der Kindertagesstätte Sonnenbergstrolche wird seit Ende 2013 das Projekt Bildungschancen umgesetzt. Zusätzliche Mitarbeiter kümmern sich u. a. um Kinder mit besonderem Hilfebedarf. Dank der Fördervereine ist es gelungen, an den Außenanlagen Neuerungen vorzunehmen – Maßnahmen, die nicht von der Stadt Chemnitz bezahlt werden. Seit vielen Jahren sammeln die Vereine Spenden und gestalten in Eigenleistung die Außenanlagen kindgerecht zu Wohlfühl- und Spieloasen.
In der Zentralküche würden Hygiene und die Einhaltung der zahlreichen Vorschriften und Gesetze groß geschrieben werden. Ende 2013 hat die Kaltstrecke damit begonnen, die erste vollstationäre eigene Einrichtung, die »Villa von Einsidel«, mit einem bewohnerbezogenen sowie einzelportionierten Frühstück und Abendbrot zu beliefern. Da viele Bewohner sich nicht mehr selbst am Bufett bedienen können und auf klein geschnittene oder pürierte Kost angewiesen sind, sei der Aufwand der Mitarbeiter des Heims bei dem ebenfalls von den Kassen sehr knapp bewilligten Personalschlüssel sehr hoch gewesen. Diese Aufgabe könne die Zentralküche nun unter den hygienisch einwandfreien Bedingungen der Kaltstrecke auch für weitere Einrichtungen übernehmen.
Die stationäre Pflege ist mit 831 Plätzen in 10 Pflegeheimen des Stadtverbandes und seiner Tochterunternehmen mittlerweile einer der größten Leistungsbereiche. Das Seniorenpflegeheim „An der Mozartstraße“ verzeichnete wiederum eine gute Auslastung. Eine ganze Reihe an Sanierungsarbeiten wurden durchgeführt, Flure und Gemeinschaftsräume erhielten mithilfe von Malerarbeiten ein neues Gesamterscheinungsbild.
Zahlreiche Prüfungen und Kontrollen müsse ein Pflegeheim über sich ergehen lassen. Hier habe es jedoch keine größeren Beanstandungen gegeben. Die Bewertungen des MDK würden sich mit den Noten 1,0 bis 2,1 sehen lassen können. Letztere sind in den bayerischen Heimen zu verzeichnen gewesen, die seit der Übernahme aus einer anderen Trägerschaft seit 2013 systematisch in das Qualitätssystem integriert werden.
Der Vorsitzende wies noch darauf hin, dass aufgrund der gesunkenen Mitgliederzahl laut der Satzung des Landesverbandes nur noch zwei statt drei Landesdelegierte des Stadtverbandes an den Landesdelegiertenkonferenzen teilnehmen können. Es wurde sich darauf geeinigt, dass Geschäftsführerin Ulrike Ullrich und er als Landesdelegierte teilnehmen und dass Klaus Tomczak als Ersatzkandidat zur Verfügung steht.
Abschließend dankte Andreas Lasseck den Mitgliedern der Volkssolidarität: „Wir wissen, dass wir Sie als große Unterstützer und Mitwirkende bei allem, was heute und in der Zukunft ansteht, mit im Boot haben und auf Sie zählen können. Wir werden gemeinsam weiter eine gute Arbeit für die Menschen leisten, die uns brauchen und unsere Unterstützung wünschen.“
Diskussion
Nach den Berichten des Vorstandes, des Steuerberaters und des Revisors konnten die Delegierten das Wort ergreifen. Bei der umfangreichen Diskussion wurden verschiedene Themen aufgeworfen. Nachfolgend ein Auszug:
Ulla Zeißig (WG 025) schlug vor, beim Sammlungsziel der Listensammlung 2016 Begegnungsstätten und Stadtteiltreffs des Stadtverbandes zu berücksichtigen. Viele der Einrichtungen seien etwa zwei Jahrzehnte im Betrieb und mittlerweile sei bspw. das Mobiliar unmodern und Gardinen abgenutzt. Der Vorschlag, Erlöse der Listensammlung für die Begegnungsstätten und Stadtteiltreffs zu verwenden, solle aufgenommen werden. Der Vorsitzende Andreas Lasseck schlug weiterhin vor, das Thema mit in die Beratungen für die Wohngruppenleitungen zu nehmen und dort die Finanzierung sozio-kultureller Einrichtungen des Verbandes zu erklären.
Ein weiteres Thema prägte die Diskussion: Die Versorgung von Flüchtlingen. Dr. Monika Mózes (WG 072) berichtete vom gemeinsamen Engagement der Wohngruppen im sogenannten Fritz-Heckert-Gebiet und der Bürgerinitiative Morgenleite/Markersdorf, deren Bürgertreff „Bei Heckerts“ für entsprechende Veranstaltungen genutzt werde. Die Patenschaft mit einer ausländischen Familie habe alle enger zusammengeführt. Der Zusammenhalt und die Bekanntschaft zwischen den einzelnen Wohngruppen der Volkssolidarität habe sich verbessert. Sie erwähnte auch, dass durch die Arbeit mit den Flüchtlingen der Bürgertreff einige Gäste und Mitglieder verloren habe. Dennoch solle er ein offener Treffpunkt für Einwohner und Ausländer sein.
Bewegende Worte fand auch Manfred Rohner (WG 046). Er habe nach dem zweiten Weltkrieg erlebt, was es bedeute, Flüchtling zu sein. In seinem Wohnblock würden mehrere Flüchtlingsfamilien in seit vielen Jahren freistehenden Wohnungen leben. Er organisiere Hilfe, auch notwendige Möbel. Obwohl die Flüchtlinge kaum Deutsch sprächen, verspüre er eine große Dankbarkeit und werde bspw. zum Essen eingeladen. Hausbewohner und Flüchtlinge würden friedlich in gegenseitiger Achtung unter einem Dach wohnen. Das sei ein gutes Beispiel für eine Hausgemeinschaft und gelebte Nachbarschaftshilfe.
Beschlüsse
Die Delegierten bestätigten das Referat des Vorstandes, die Berichte des Steuerberaters und des Revisors sowie den Geschäftsbericht für das Jahr 2014 und entlasteten für dieses Geschäftsjahr den Vorstand.