Wenn man den 19. Mai 1784, als am Anger – dem heutigen Theaterplatz – erstmals in Chemnitz ein Heißluftballon aufstieg und bis zum Falkeplatz fuhr, als den Ausgangspunkt der nunmehr 233-jährigen Geschichte des Flugwesens der Stadt Chemnitz ansieht, zeigte sich bereits damals ein Problem. Und das heißt: Start- und Landeplatz. Deshalb sollen in diesem Artikel einmal die Anstrengungen der Chemnitzer Luftfahrtbegeisterten für seine Lösung dargestellt werden.
Zuerst starteten die Ballons als zuschauerträchtige Attraktionen aus den Gartenanlagen bekannter und beliebter Gasthöfe, wie der „Linde“ (heute der Standort des „Hotels an der Oper“), dem „Tiergarten Scheibe“ in Furth, dem „Waldschlößchen“ in Hilbersdorf, dem „Schützenhaus“ in Altendorf, dem „Hirsch“ in Gablenz und dem „Colosseum“ an der Zwickauer Straße.
Ab 1908 stellte der Industrielle Julius Eduard Reinecker zeitweilig sein Grundstück an der Charlotten-/ Ecke Kantstraße für Starts zur Verfügung. Ab 1909 benutzte der Chemnitzer Verein für Luftschifffahrt für viele Fahrten auch den weit entfernten Füll- und Startplatz in der Nähe der Chemnitzer Fabrik von Heyden in Nünschritz bei Riesa.
Auch das Areal des Sportplatzes in Altendorf (heute: Komplex der Handwerkskammer) diente einmal, am 2. Oktober 1910, als Lande-, Anker- und Startplatz für das Luftschiff „Parseval 5“.
Doch mit den Einzug der Motorkraft in die Luftfahrt erwies sich der Sportplatz in Altendorf als Übungsplatz für die neuartigen Flugapparate als absolut ungeeignet. Die Lösung fand sich auf dem Garnisonsexerzierplatz der in Chemnitz stationierten Truppenteile. Sein Umfang betrug 5 km und war begrenzt durch die heutigen Carl-von-Ossietzky-, Zschopauer und Geibelstraße.
Das Terrain des eigentlichen Flugplatzes lag in etwa gegenüber der Einmündung der Pappel- in die Zschopauer Straße. Hier führte der Chemnitzer Flugpionier Max Schüler mit einer selbstkonstruierten 16 PS-Motor-Flugmaschine den ersten Motorflug in Chemnitz überhaupt aus. Es handelte sich dabei um einen Doppeldecker von 12,5 m Spannweite und 52 m² Tragfläche. Er erreichte mit diesem Flugapparat eine Höhe von 8 m und flog etwa 100 m weit.
In der Folge wurde das Terrain zu einem rege genutzten Erprobungs- und Übungsfeld und erlebte zugleich bedeutende Flugveranstaltungen. Dazu gehörten beispielsweise Flugvorführungen des hervorragenden deutschen Flugpioniers Hans Grade am 26. Februar 1911 mit seinem 7,5 m langen und 3,85 m breiten Eindecker. Und auf dem Platz landeten auch lenkbare Luftschiffe. Ein herausragendes Ereignis war dabei die Landung und der Start des Zeppelin-Luftschiffes LZ 11 „Victoria Luise“ mit einer Länger von 148 m, einem Durchmesser von 14 m und einem Rauminhalt von 19.000 m³ am 21. August 1912 vor zehntausenden von Zuschauern. Oberbürgermeister Heinrich Sturm wertete den Besuch des Luftschiffes „… als einen Meilenstein in der Chemnitzer Geschichte der Luftfahrt“.
Doch per 30. September 1912 gab die Heeresverwaltung den Garnisonsexerzierplatz an der Zschopauer Straße zugunsten eines umgeschaffenen militärischen Ausbildungsgeländes in Ebersdorf auf.
Damit war für die Chemnitzer Luftfahrtenthusiasten wieder einmal guter Rat teuer. Doch es fand sich auch dieses Mal wieder eine Lösung. Auf einen Vorschlag aus der Bevölkerung hinstellten die städtischen Behörden den Flugsportlern ein Grundstück in Altchemnitz in der Nähe des Städtischen Gaswerkes 3 zu Verfügung. Und hier entstand ein reguläres Flugsportzentrum mit Flugzeug und Freiballonhallen sowie einer modernen Freiballon-Füllanlage.
Damit konnten jetzt sieben Ballons in einer Stunde gefüllt werden, während dafür zuvor 24 Stunden nötig waren. Dabei wurde das Leuchtgas vom Städtischen Gaswerk 3 mittels Kompressoren direkt zum Füllort geleitet. Die feierliche Einweihung erfolgte am 5. Oktober 1913. Den Höhepunkt bildete dabei ein Massenstart von 15 Ballonen aus ganz Deutschland vor tausenden von Zuschauern. Ein bemerkenswertes Ereignis bildete der „Heimatflug“ des Chemnitzer Flugpioniers Gotthard Gruner mit einem Harlan-Renn-Eindecker von Berlin-Johannisthal nach Chemnitz. Das „Chemnitzer Tageblatt und Anzeiger“ bemerkte am nächsten Tag: „Nahezu eine halbe Stunde bot Gruner den Chemnitzern den schönsten Anblick seines Apparates und seiner Flugkunst.“
Der Platz am Gaswerk wurde bis zum Beginn des ersten Weltkrieges fortwährend für Ballons und Flugzeuge aktiv genutzt.
Die weitere Entwicklung im Flugplatzgeschehen soll Gegenstand eines folgenden Artikels werden.