Rückenschmerzen: Was tun bei ­Verspannungen und Schmerzen?

85 % der Deutschen leiden mindestens einmal im Leben an Rückenschmerzen. Solange diese von allein wieder vergehen, sind sie nicht weiter schlimm. Laut Robert Koch-Institut sind Rückenleiden „ein besonders häufiger Grund“ für medizinische Versorgung, Arbeitsunfähigkeit und Renten aufgrund teilweiser oder voller Erwerbsminderung.

Rückenschmerzen werden häufig durch verspannte Muskeln ausgelöst, die bestimmte Nerven reizen. Die Folge: Schmerzen, die möglicherweise bis in die Gliedmaßen ausstrahlen. 

Bei spezifischen Rückenschmerzen liegt häufig eine Wirbelsäulenerkrankung, eine verschobene oder verformte Bandscheibe, eine Muskel-/Bindegewebskrankheit oder ein Problem am Rückenmark zugrunde. Auch innere Erkrankungen verursachen möglicherweise spezifische Rückenschmerzen. Dabei sind eventuell Organe wie Nieren, Herz, Lunge oder Speiseröhre betroffen. Tumoren kommen ebenfalls als Ursache in Frage. Darüber hinaus zeigen Studien: Psychische Belastungen wie Überforderung und Angst erhöhen die Gefahr, dass Rückenschmerzen zu einem chronischen Problem werden.

Nicht hinter jedem Rückenschmerz steckt eine schwerwiegende Erkrankung. Doch verraten die Krankheitszeichen (Symptome) einiges über Ursache und Behandlungsansätze. Darüber hinaus gibt es bestimmte Warnsignale und Vorboten.

Bei den meisten Patienten sitzen die Rückenschmerzen an der Lendenwirbelsäule. Möglicherweise strahlen sie in die Beine aus. Bei Symptomen an der Halswirbelsäule wandert der Schmerz womöglich in Schultern, Arme und Hinterkopf.

Unsere heutige Lebensweise kann zu weiteren Beschwerden beitragen. Wir bewegen uns zu wenig, sitzen zu viel vor dem PC oder dem Fernseher. Auch falsche Körperhaltung und Ernährungsgewohnheiten, Übergewicht, Stress oder psychische Anspannung begünstigen die Entstehung von Rückenschmerzen. Denn Ängste, Stress oder Sorgen lassen uns oft verkrampfen. Zugluft, Kälte und Nässe gehören ebenfalls zu den ungünstigen Faktoren. Es gibt jedoch nicht unbedingt einen einzigen Auslöser. Oft kommen mehrere gleichzeitig infrage.

Die Schmerzen im Rücken sind häufig mit weiteren Symptomen verbunden. Dazu zählen:
Eingeschränkte Beweglichkeit, zum Beispiel Aufrichtungsprobleme

  • Muskelschmerzen
  • Stechende Schmerzen
  • Ausstrahlende Schmerzen, etwa in die Gliedmaßen

Behandlungsansätze

So vielfältig die Ursachen und Arten von Rückenschmerzen sind, so zahlreich sind auch die Behandlungsansätze. Neben den medikamentösen und nicht medikamentösen Therapien kann der Patient selbst einiges zur Linderung beitragen. 

Medikamentöse Therapien

Speziell bei akuten Rückenschmerzen sollen Medikamente für weitgehende Schmerzreduktion sorgen. Nur so können Patienten ihren normalen Alltag wieder aufnehmen und weitere unterstützende Therapien, bspw. Sport, durchführen. Medikamente, auch frei verkäufliche, sollten Sie möglichst nur nach Absprache mit dem Arzt und über einen begrenzten Zeitraum einnehmen.

Nicht-medikamentöse Therapien

Im Allgemeinen raten Mediziner bei Rückenschmerzen zu Bewegung. Schmerzmittel können diese wieder ermöglichen oder erleichtern. Gehen Sie bspw. spazieren oder fahren Sie Rad. Schwimmen Sie, bevorzugt in Kraultechnik.

Welche nicht medikamentöse Therapie im Einzelfall hilft, unterscheidet sich bei jedem Menschen und jeder Art von Beschwerden. Gerade bei chronisch kranken Patienten ist eine Kombination mehrerer Behandlungsmethoden sinnvoll. 

Physio- / Ergotherapie

Bei Patienten mit Rückenschmerzen hängt oft die Wirbelsäule durch, und das Becken kippt nach vorn. Die Physio- und die Ergotherapie sollen solche falschen Bewegungsmuster abwenden, die sich der Patient meist über einen längeren Zeitraum angewöhnt hat. Bei der Physiotherapie erlernt er rückenschonende Bewegungsabläufe. Er dehnt verkürzte und stärkt geschwächte Muskeln. Ergotherapeuten zeigen, wie sich alltägliche – bisher möglicherweise schmerzhafte – Bewegungsabläufe verbessern lassen. Auch Massagen und Elektrotherapie können helfen. Sie fördern die Durchblutung und aktivieren den Stoffwechsel – in Kombination mit einer Bewegungstherapie.

Thermotherapie

Rückenschmerzen lassen sich sowohl mit Wärme als auch mit Kälte lindern. Jeder Patient hat unterschiedliche Vorlieben. Wärme lockert verspannte Muskeln. Helfen können ein heißes Bad, ein Saunagang oder Fangopackungen (mit Mineralschlamm vulkanischen Ursprungs). Darüber hinaus gibt es Wärmepflaster und Salben. 

Kältebehandlungen haben sich vor allem bei entzündlichem oder verletzungsbedingtem Rückenschmerz bewährt, bspw. bei bestimmten rheumatischen Erkrankungen. Zu Hause können Sie besonders schmerzhafte Stellen kurzzeitig etwa mit Eisbeuteln kühlen. 

Psychologische Therapie/Psychotherapie

Bei manchen Patienten werden – besonders chronische – Rückenschmerzen durch seelische Belastungen mit verursacht. Dann hilft möglicherweise eine psychologische oder psychotherapeutische Behandlung. Dazu zählen Entspannungstechniken wie die progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder autogenes Training.

Die kognitive Verhaltenstherapie beschäftigt sich besonders mit dem Denken und dem Verhalten. Der Patient lernt, belastende Denkmuster zu erkennen und zu verändern. So kann er selbst seine psychischen Blockaden lösen. Denn diese führen möglicherweise ebenfalls zu körperlichen Beschwerden wie Muskelverspannungen.

Operationen

In schweren Fällen, in denen die vorher genannten Behandlungen keinen Erfolg bringen, hilft möglicherweise eine Operation. Das gilt vor allem bei spezifischen Rückenschmerzen, bspw. einem ernsthaften Bandscheibenvorfall. Dabei entfernen Chirurgen häufig eine Bandscheibe. Dank moderner Technik führen sie dazu heutzutage in der Regel nur kleine Hautschnitte durch. Bei schwerwiegenden Erkrankungen werden in seltenen Fällen auch Teile der Wirbelsäule versteift beziehungsweise stabilisiert.

Tipps für den Alltag

Bei allen Formen von Rückenschmerzen gibt es zahlreiche Maßnahmen zur Vorbeugung oder Selbsthilfe. Die Behandlung durch Therapeuten stellt nur einen ersten Schritt dar, um die Schmerzen in den Griff zu bekommen. Was kann jeder Patient tun?

Bewegung / Sport

Die Bettruhe sollte zwei Tage nicht überschreiten. Bewegung ist sehr wichtig. Wenn Sie schmerzfrei sind und Sport treiben können, beraten Sie mit dem Arzt, welche Sportart oder Bewegungsabläufe für Sie infrage kommen. Schwimmen oder Spazierengehen sind Möglichkeiten. Nutzen Sie häufiger die Treppe als den Fahrstuhl. Krafttraining unter Anleitung stärkt die Rückenmuskulatur und kann so auch helfen, Ihre Schmerzen zu lindern.

Richtige Körperhaltung

Achten Sie bei Aktivitäten auf rückenschonende Körperhaltung. Tragen Sie schwere Gegenstände mit durchgestrecktem Rücken und so körpernah wie möglich. Wenn Sie Dinge vom Boden aufheben, gehen Sie mit geradem Rücken in die Hocke. Ziehen Sie den Bauch ein. Richten Sie sich langsam wieder auf. Teilen Sie Lasten auf mehrere Taschen und beide Hände auf.

Wechseln Sie möglichst jede halbe Stunde Ihre Körperposition. Stehen Sie nach dem Sitzen auf. Bewegen Sie sich. Auch zu langes Stehen lässt Muskeln verspannen. 

Rückenfreundlicher Arbeitsplatz

Auch hier gilt: Die Körperhaltung möglichst alle 30 Minuten wechseln. Am PC-Arbeitsplatz sollten Stuhl, Schreibtisch, Bildschirm und Tastatur rückenfreundlich eingestellt sein. Bilden Ober- und Unterschenkel im Sitzen einen Winkel von etwa 45 bis 60, Ober- und Unterarme von rund 90 Grad? Die Füße stehen dabei fest auf dem Boden? Die Hände liegen auf der Tastatur? Oft hilft eine leicht nach vorn geneigte Sitzfläche. Höhenverstellbare Schreibtische erleichtern den Wechsel der Körperhaltung.

Ausgewogene und gesunde Ernährung

Vermeiden Sie Übergewicht. Es belastet die Wirbelsäule inklusive der Bänder und Muskeln. Ernähren Sie sich so nährstoffreich wie möglich. Bevorzugen Sie Lebensmittel, die viel essenzielle Fettsäuren, Kalzium, Fluorid, Vitamin C, D und E sowie B-Vitamine, Magnesium und andere Mineralstoffe enthalten. Beispiele: Fisch (vor allem Lachs), pflanzliche Öle, Nüsse, Milch, Eier, Käse, Sojabohnen, Champignons, Grünkohl und Sanddorn. 

Trinken Sie viel Wasser. Die Flüssigkeit unterstützt die Nährstoffversorgung Ihrer Bandscheiben. Diese sind als Stoßdämpfer der Wirbelsäule sehr wichtig. Meiden Sie darüber hinaus Alkohol. Dieser entzieht dem Körper Wasser.

Probieren Sie nach Rücksprache mit Ihrem Arzt verschiedene Therapieformen aus. Wenn eine Behandlung bei Ihnen nicht direkt anschlägt, seien Sie geduldig.

aus VS Aktuell 4/2018, erschienen im  VS Aktuell   VS Aktuell 4/2018 Tipps vom Apotheker