Montags in der Begegnungsstätte Wittgensdorf, Burgstädter Straße 5. Von 09.00 bis 10.00 Uhr ist Entspannungsgymnastik angesagt. "Wir beugen den Oberkörper nach vorn, aufrichten... wir nehmen die Hände in den Nacken und drehen den Oberkörper nach links, zurück... dasselbe nach rechts, zurück..." . Mit ruhig angenehmer Stimme dirigiert Kerstin Dähnert die Bewegungen von 15 Frauen der Wohngruppe 032. Die Übungen, die Muskeln, Herz und Kreislauf stärken, beginnen im Stehen, werden dann im Sitzen und Liegen ausgeführt. Das letzte Drittel ist Entspannung pur. Alle liegen zugedeckt auf ihren Matten. Leise romantische Musik erfüllt den Raum, erinnert an sonnendurchflutete Gärten und Wiesen, schläfert fast ein. Kerstins Stimme holt alle wieder in die Wirklichkeit zurück: "Wir nehmen die Sonne mit in den neuen Tag und strecken uns zum Schluss noch einmal." Die Frauen erheben sich und freuen sich schon auf den nächsten Montag, den keine missen möchte. "Ich gehe gern mit Leuten um, und es macht mich zufrieden, wenn ich ihnen eine Freude bereiten kann," sagt die mittelgroße, schlanke Fünfzigerin. Den Drang, mit Menschen zu tun zu haben, hat sie schon als Jugendliche verspürt. So habe sie zwar ihre Ausbildung zur Mechanikerin für EDVund Buchungsmaschinen in Karl-Marx-Stadt selbst ausgewählt, jedoch bald gemerkt, dass Bandarbeit nichts für sie war. Ein halbes Jahr nach abgeschlossener Lehre, Anfang 1976, begann sie, ihrem Inneren folgend, in Wittgensdorf als Krippenhelferin, qualifizierte sich im Laufe der Jahre zur Krippenerzieherin. Das war im selben Haus, wo heute die Begegnungsstätte untergebracht ist. Und von Anfang 1988 bis zum Spätsommer 1989 arbeitete sie beim Rat der Gemeinde Wittgensdorf, wurde dort Mitglied der Volkssolidarität, hatte eben immer mit vielen Menschen zu tun. Sicher ist es auch das, was sie nach Kinderpause und längerer Pflege der kranken Schwiegermutter dazu brachte, in der großen Wohngruppe von mehr als 200 Mitgliedern ab der zweiten Hälfte der 90er Jahre als Volkshelferin mitzuwirken, nachdem Lucia Hoppe, eine andere Helferin, sie darauf angesprochen hatte. Schließlich ließ sie sich vor vier Jahren dazu bewegen, die Gesamtleitung zu übernehmen, nachdem die Gruppe zuvor ziemlich lange und aufwendig von Chemnitz aus betreut worden war. Von Anfang an brachten ihr die Mitglieder, besonders aber die 13 anderen Volkshelfer, Vertrauen entgegen. Hauptkassiererin Marianne Tomczak, die Kerstin seit etwa 20 Jahren kennt, erklärt das so: "Sie hat Verständnis für ältere Menschen, für deren Probleme. Von ihr geht eine Freundlichkeit aus, dass alle gern mit ihr arbeiten. Und sie selbst braucht diese Zusammenarbeit. Das tut ihr gut." Bewährt hat sich Kerstin Dähnerts Menschenfreundlichkeit besonders, als die Begegnungsstätte, die fast im Zentrum des Ortes liegt, im Sommer 2004 aus finanziellen Gründen geschlossen werden sollte. "Ich wollte, dass die Wohngruppe ihr Domizil nicht verliert", sagt die dunkelblonde, lebensfrohe Frau. Nach länger währenden Beratungen mit dem Stadtvorstand blieben die Räume zunächst für den monatlichen Helfertreff und einzelne Veranstaltungen erhalten. Letztlich einigten sich die Wittgensdorferin und der Chemnitzer Vorstand, dass ab September 2006 hier wieder von Montag bis Freitag um die Mittagszeit zwei Stunden geöffnet ist, dass es Mahlzeiten von der Volkssolidarität gibt, dass mehrere Vormittags- und Nachmittagsveranstaltungen im Monat stattfinden können. Die Wohngruppenleiterin leitet seitdem auch die Begegnungsstätte - ehrenamtlich. Oft sind es an die einhundert Stunden im Monat, die sie in dem Haus zubringt, um zu gewährleisten, dass hier Gymnastik, Bastelnachmittage, Kino, Vorträge, Modenschauen, der lustige Spielenachmittag und anderes stattfinden. Und zu Einkaufsfahrten mit dem Chemnitzer Vosi-Mobil nach dem nächsten "Kaufland" ist der Treffpunkt an der Burgstädter 5. Ebenso, wenn es zu Wanderungen in die Umgebung geht, wobei Kerstins Foxterrier Bobby immer mit muss. Bei allem hat sie natürlich mehrere fleißige Helfer. Allein ihre Leitungsmitglieder Hedwig Samusch, Rosemarie John und Horst Sieber sind gleichzeitig Klub-Beiräte. Sie alle wollen, wie die Leiterin selbst, mitmachen so lange es geht.